Arbeitslosenstatistik – geschönte Zahlen oder verlässliche Werte?

Berufsorientierung und Arbeitsmarkt

Gymnasien, Realschule, Hauptschule | Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
10.08.2018
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Die Arbeitslosenstatistik in Deutschland wird von Politikern gern herangezogen, um den Erfolg von Arbeitsmarktreformen oder den guten Zustand der Wirtschaft zu dokumentieren. Kritiker hingegen werfen dem Bund vor, die Zahlen zu schönen bzw. kleinzurechnen. So oder so: Es lohnt sich eine genauere Betrachtung, denn es gibt nicht nur eine Arbeitslosenzahl.

De Bundesagentur für Arbeit weist vier verschiedene Arbeitslosenzahlen aus. Die Medien beziehen in ihrer Berichterstattung in der Regel aber nur auf eine von ihnen, nämlich die der registrierten Arbeitslosen. Für das Jahr 2016 sieht die komplette Berechnung der Arbeitslosenzahl so aus:

Gemeldete Arbeitslose: 2,69 Millionen Menschen waren 2016 durchschnittlich arbeitslos gemeldet – zu diesen Arbeitslosen zählen all jene, die nicht in einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme stecken und die dem Arbeitsmarkt jederzeit zur Verfügung stehen.

Arbeitslose im weiteren Sinn: Das sind die gemeldeten Arbeitslosen plus jene, die an einer Eingliederungsmaßnahme teilnehmen, sowie über 58-jährige ALG-II-Empfänger, denen das Jobcenter länger als ein Jahr keine Arbeit mehr angeboten hat. Dadurch erhöht sich die Zahl der Arbeitslosen auf 3,06 Millionen.

Unterbeschäftigte im engeren Sinn: Das sind die Arbeitslosen im weiteren Sinn plus die Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen – wie berufliche Weiterbildung, 1-Euro-Jobs und Integrationskurse – plus krankgemeldete Arbeitslose. Insgesamt ergibt dies 3,55 Millionen Unterbeschäftigte.

Unterbeschäftigte im weiteren Sinn: Das sind die Unterbeschäftigten im engeren Sinn plus jene Menschen, die sich mit einem Gründungszuschuss selbstständig machen. Einschließlich dieser geförderten Selbstständigen erhöht sich die Zahl der Unterbeschäftigten 2016 auf 3,58 Millionen.

Die einzige Gruppe, zu der die Arbeitsagentur nichts sagen kann, ist die stille Reserve – dazu zählen auch Menschen, die auf eigene Faust Arbeit suchen und sich deshalb nicht bei der Arbeitsagentur melden.

Positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt

Vergleicht man die Arbeitsmarktzahlen 2016 mit den Werten von 2008 – damals wurde die Statistik umgestellt, sodass die Zahlen vor 2008 nicht mit denen von heute zu vergleichen sind –, dann hat sich der Arbeitsmarkt in allen vier Kategorien deutlich verbessert (Grafik): Von 2008 bis 2016 ist die Zahl der registrierten Arbeitslosen um gut 17 Prozent gesunken – die Unterbeschäftigung im weiteren Sinne hat sogar um fast 26 Prozent abgenommen. 

Aus dem Rahmen fällt nur der relativ magere Rückgang von rund 8 Prozent bei den Arbeitslosen im weiteren Sinn. Der Grund dafür ist, dass heute tatsächlich mehr Menschen in einer Qualifizierungsmaßnahme stecken oder aus Altersgründen nicht mehr als Arbeitslose registriert sind – und das, obwohl Letztere dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Das ist aber auch der einzige Punkt, in dem man der Arbeitslosenstatistik ein wenig Schönfärberei vorwerfen kann.


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