Die Rolle der Industrie für die Wirtschaft

Globalisierung und Europa

Gymnasien, Realschule, Hauptschule | Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
09.08.2018

Ein starker industrieller Sektor und Wohlstand in einem Land gehen fast zwangsläufig miteinander einher. Doch ein großes Verarbeitendes Gewerbe bedeutet auch mehr Emissionen. Wir zeigen, wie die Umweltbilanz der Industrie im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen ausfällt und wie eng die Verflechtungen der Sektoren sind.

Deutschland ist ein Industrieland. Das verarbeitende Gewerbe – ob nun Auto- oder Maschinenbauer, Chemieunternehmen oder Elektrotechnikfirmen – beschäftigt mehr als fünf Millionen Menschen und setzt etwa 1,7 Billionen Euro um. Die rund 22.000 Betriebe waren im Jahr 2015 für 30,4 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) verantwortlich. Fast die Hälfte ihrer Produkte verkaufen diese Betriebe ins Ausland, sie tragen damit stark dazu bei, dass Deutschland eine der weltweit führenden Exportnationen ist.

Staaten mit wohlhabender und gut verdienender Bevölkerung – hauptsächlich EU-Länder und die USA – haben nahezu alle einen großen Industriesektor, während ärmere Länder eher auf Wirtschaftszweige wie die Landwirtschaft angewiesen sind. Daher ist es auch kein Zufall, dass aufsteigende Wirtschaftsnationen wie China oder Indien ihre Industriesektoren vergrößern, um so die Wohlstandslücke zum Westen zu verkleinern.

Doch während es aus ökonomischer Sicht wünschenswert ist, die industrielle Produktion weltweit anzukurbeln und so den Wohlstand zu vergrößern, ist das aus klimatechnischer Sicht bedenklich.

Industrie für 19 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich

Die Hauptursache des Treibhauseffekts und damit auch des Klimawandels ist ein zu hoher Anteil von Kohlenstoffdioxid (CO2) in der Atmosphäre. Die Industrie ist weltweit für 19 Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Damit liegt sie unter den Wirtschaftssektoren auf Platz drei. Elektrizitäts- und Wärmeerzeugung verursachen 42 Prozent, die Transportbranche 23 Prozent des CO2-Ausstoßes.

Steht die Industrie, die so oft als Klimasünder Nummer eins dargestellt wird, also zu Unrecht am Pranger? Ganz so einfach ist es nicht. Keine Branche arbeitet innerhalb einer Volkswirtschaft isoliert. Beispiel Autofabrik: Diese benötigt große Mengen an Strom, um Montageroboter zu betreiben oder die häufig gigantischen Fertigungshallen zu beleuchten. Die fertigen Autos müssen anschließend zum Händler gebracht werden. Hier kommen die Transportunternehmen ins Spiel, die per Zug oder Lastwagen die fertigen Fahrzeuge befördern. Selbst wenn die Industrie nicht der größte CO2-Produzent ist, hat sie einen indirekten Anteil am CO2-Ausstoß, der die offiziellen 19 Prozent weit überschreitet.

Industriewaren werden allmählich "grüner"

Die Industrie verringert ihren Kohlendioxid-Ausstoß aber mittlerweile – wenn auch nicht ganz freiwillig. Vorgaben der Gesetzgeber auf Bundes- und EU-Ebene zwingen sie, klimafreundlicher zu produzieren: Die Industriewaren werden “grüner”. Maschinen müssen stromsparender arbeiten, Autos sollen weniger Benzin verbrauchen. Auch der vermehrte Einsatz erneuerbarer Energien während der Produktion soll zu einer besseren Klimabilanz beitragen.

Die Industrie ist enorm wichtig für die deutsche Wirtschaft und somit auch für die deutsche Gesellschaft. Ein simples Ende industrieller Produktion mag klimafreundlich sein, ist aber in der Praxis nicht umsetzbar. Denn die Industrie ist nicht nur indirekt für einen Teil des CO2-Ausstoßes anderer Sektoren verantwortlich, sondern auch für einen Teil von deren Umsätzen. So ist das verarbeitende Gewerbe zum Beispiel der mit Abstand wichtigste Kunde deutscher Transportunternehmer. Eine schlechte Phase im Industriesektor würde weitreichende Konsequenzen in der gesamten Volkswirtschaft nach sich ziehen: Aufträge von Industrieseite fallen aus, weniger Arbeiter werden benötigt, die Arbeitslosigkeit steigt.

Trotz allem wird sich die Industrie umstellen müssen. Der Klimawandel stellt die Welt vor eine große Herausforderung. Industrieunternehmen werden ihren Teil dazu beitragen müssen, diese zu bewältigen. Zumindest in Deutschland scheinen sich erste Erfolge einzustellen. So sank der CO2-Ausstoß durch Industrieprozesse von 59 Millionen Tonnen im Jahr 1990 auf 45 Millionen Tonnen im Jahr 2014. Der Grund, wie Industrie und Politik gerne betonen: verbesserte Klimaschutzmaßnahmen.