Deflation

Der Begriff Deflation ist zweideutig. Als Gegenstück zur Inflation ist sie zum einen als ein anhaltender Rückgang des Preisniveaus zu interpretieren. Zum anderen wird Deflation oftmals mit einem starken Nachfrageausfall gleichgesetzt. Eine solche deflatorische Lücke und ihr Auswachsen zur Depression ist die eigentliche Gefahr, vor der wiederkehrend gewarnt wird. Wann führen sinkende Preise zu sinkender Nachfrage, Produktion und Beschäftigung?

1. Gewinneinbruch. Ein starker und dauerhafter Verfall der Preise lässt die Gewinne sinken, wenn sich die Unternehmen durch Kostenentlastungen nicht genügend Luft verschaffen können. Ein anhaltender Gewinneinbruch kann die Wirtschaft wiederum über mehrere Wirkungsketten belasten: Verluste treiben viele Unternehmen in den Konkurs. Andererseits bremsen niedrige Gewinne die Investitionslaune bei den verbleibenden Unternehmen. All dies verringert trotz sinkender Preise die Investitionen und damit auch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Rückläufige Gewinne belasten zudem den Aktienmarkt, und dies kann negative Folgen für das Vermögen und den Konsum der privaten Haushalte haben (Vermögenseffekt). Geringere Konsumausgaben bremsen wiederum die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bei insgesamt fallenden Preisen. Verschärft wird dieses Problem, weil sich manche Verbraucher bei ihren Ausgaben auch deshalb zurückhalten, weil sie in naher Zukunft weiter sinkende Preise erwarten. Sinkende Vermögenswerte - wie Aktienkurse und Immobilienpreise - können zudem die Situation verschärfen, wenn der Kauf der Vermögenswerte über Kredit finanziert wurde. Denn dann können die Vermögenswerte unter die gesamten Kreditkosten sinken. Kreditausfälle, Panikverkäufe und letztlich Bankenkrisen - die Charakteristika der Deflation in den dreißiger Jahren - können ein Land ins Chaos stürzen.

2. Kostenschub. Sinkende Preise beeinträchtigen die Wirtschaft, wenn sie die Kostensituation von Unternehmen verschlechtern.

  • Sinkende Preise führen dazu, dass die Realzinsen bei konstanten Nominalzinsen ansteigen. Dadurch verschlechtern sich die Investitionsbedingungen. Über rückläufige Investitionen wird die Gesamtnachfrage geschwächt.
  • Entscheidend für die Arbeitsnachfrage der Unternehmen sind die preisbereinigten Arbeitskosten: Gehen die Preise zurück, dann steigen bei gleich bleibenden Nominallöhnen die realen Arbeitskosten. Dies veranlasst die Unternehmen, zu rationalisieren und damit tendenziell Arbeitskräfte zu entlassen. Folglich geht das Masseneinkommen und über den privaten Verbrauch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zurück. Fazit: Ein Nachfrageausfall aufgrund sinkender Preise kann über verschiedene Mechanismen zu weiter sinkenden Preisen führen. Wird dieser Prozess nicht gestoppt, dann besteht die Gefahr einer Deflations-Depressions-Spirale (Depression).