Erhard, Ludwig

Der liberal-konservative Politiker Ludwig Erhard (1897 bis 1977) gilt als Begründer der Sozialen Marktwirtschaft und des "Wirtschaftswunders" in Deutschland. Nach einer Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann im väterlichen Textilgeschäft und einer Verwundung im Ersten Weltkrieg studierte Erhard Wirtschaftswissenschaften und Soziologie an der Handelshochschule Nürnberg und an der Universität Frankfurt a. Main.

In seiner Eigenschaft als wissenschaftlicher Assistent und späterer stellvertretender Leiter des Instituts für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware (Nürnberg) zwischen 1928 und 1942 beschäftigte er sich u. a. mit wirtschaftspolitischen Grundsatzfragen und arbeitete an den Grundlagen zum Aufbau einer Friedensordnung nach dem Zweiten Weltkrieg. 1942 verließ er das Institut und gründete das "Institut für Industrieforschung".

1945 wurde Erhard unter Wilhelm Hoegner Wirtschaftsminister in Bayern und zwei Jahre später Vorsitzender der "Sonderstelle Geld und Kredit" der britisch-amerikanischen Besatzungszone, von der die Währungsreform vorbereitet wurde. Sie wurde im Juni 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen durchgeführt. Erhard verband sie mit einer umfassenden Wirtschaftsreform: eine weitgehende Aufhebung von Bewirtschaftungen sowie der Beseitigung zahlreicher Preisbindungen - Maßnahmen, die bei vielen Menschen in Deutschland anfänglich auf große Skepsis stießen. Diese Reformen waren wesentliche wirtschaftspolitische Voraussetzungen der sich später etablierenden Sozialen Marktwirtschaft und des "Wirtschaftwunders" - ein Begriff, den Erhard nicht schätzte.

1949 wurde Erhard im ersten Bundeskabinett unter Konrad Adenauer (1876 bis 1967) Bundeswirtschaftsminister - er blieb dies bis zum 3. Kabinett Adenauers - und setzte sich für die Soziale Marktwirtschaft ein, dessen theoretische Fundierung und Name nach 1945 von seinem späteren Leiter der Abteilung I (Wirtschaftspolitik), Professor Alfred Müller-Armack (1901 bis 1978), einem Nationalökonomen und Kultursoziologen, vorgenommen und geprägt wurde. Dieses Leitbild sollte gemäß der Freiburger Schule die Verbindung des freien Marktes mit dem sozialen Ausgleich (sozialen Bindung) zum Ausdruck bringen. Erhard ging es stets darum, bei allen Fragen marktwirtschaftliche Lösungen zu finden und einen "Wohlstand für alle" zu erreichen. Wirtschaften war für Erhard nicht Selbstzweck, sondern hatte im Dienst der Fortentwicklung des sozialen Ganzen zu stehen.

Nach Adenauers Rücktritt als Bundeskanzler wurde Erhard im Oktober 1963 zum neuen deutschen Bundeskanzler gewählt und setzt die bestehende Koalition aus CDU und FDP fort; er trat am 1. Dezember 1966 von diesem Amt zurück. Er scheiterte an parteipolitischen Auseinandersetzungen und auch mit seiner Auffassung, staatliche Ausgaben sollten immer durch staatliche Einnahmen und nicht durch Kredite gedeckt sein. Erhards Wirken als Bundeswirtschaftsminister und -kanzler war durchaus erfolgreich, dies besonders durch seinen Beitrag zum Wiederaufbau Deutschlands.

Gerade heute geht es darum, sich bei der weiteren Reform der Sozialen Marktwirtschaft wieder stärker an den Prinzipien Ludwig Erhards zu orientieren. Hierzu gehören: Die Rückbesinnung auf die eigene Leistungskraft und Eigenverantwortung sowie die Beschränkung der Staatstätigkeit und der staatlichen Verantwortung für das Wohl des Einzelnen. Für Erhard war und blieb die Arbeit die Grundlage des Wohlstandes. Seine Idealvorstellung war derjenige Einzelne, der in die Lage versetzt ist, für sich und seine Familie selbst zu sorgen. Erhards programmatische Schrift hierzu "Wohlstand für alle" erschien 1957.
 
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www.ludwig-erhard-stiftung.de