Typische Männer- und Frauenberufe
Berufsorientierung und Arbeitsmarkt
Sekundarstufe I + II
Frauen und Männer entscheiden sich nach wie vor häufig für ganz bestimmte Berufe. Da der Fachkräftemangel in typischen Männer- und Frauenberufen besonders stark ist, gilt es, Geschlechterklischees bei der Berufswahl stärker aufzubrechen.
Immer mehr Frauen in Deutschland gehen einer Erwerbstätigkeit nach. Im Juni 2023 waren hierzulande rund 16,1 Millionen Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt – fast ein Fünftel mehr als zehn Jahre zuvor.
Trotzdem gibt es noch immer Branchen, in denen Frauen kaum vertreten sind. Der Grund: Vor allem bei der Wahl des Ausbildungsberufs folgt der Nachwuchs oft althergebrachten Rollenmustern (Grafik):
Im Jahr 2023 waren die Kauffrau für Büromanagement, die medizinische sowie die zahnmedizinische Fachangestellte die drei beliebtesten Ausbildungsberufe von Frauen.
Damit haben sich die beliebtesten Ausbildungsberufe im Vergleich zu den Vorjahren nicht verändert – und der Männeranteil in ihnen bleibt weiterhin gering: Von den angehenden Azubis zur beziehungsweise zum medizinischen und zahnmedizinischen Fachangestellten war höchstens jeder zwanzigste ein Mann.
Die ungleiche Verteilung zeigt sich auch andersherum: In vier der fünf beliebtesten Ausbildungsberufe von Männern betrug der Frauenanteil an allen Ausbildungsanfängerinnen und -anfängern weniger als 7 Prozent. Nur beim Fachinformatiker lag er mit rund 10 Prozent geringfügig darüber.
In den stereotypen Berufen ist aber immerhin ein leichter Trend hin zu mehr Heterogenität erkennbar. Im Vergleich zu 2020 ist der Anteil der Ausbildungsanfängerinnen in allen Top-5-Ausbildungsberufen der Männer um 1 bis 2 Prozentpunkte gestiegen, ebenso wie der Anteil der Ausbildungsanfänger in den drei beliebtesten Ausbildungsberufen der Frauen. Außerdem herrscht gelegentlich auch Einigkeit zwischen Männern und Frauen:
Unter den beliebtesten Ausbildungsgängen sind die Verkäuferin/der Verkäufer und die Industriekauffrau/der Industriekaufmann bei beiden Geschlechtern etwa gleichermaßen angesagt.
Der Blick auf die Branchen, in denen entweder vornehmlich Männer oder Frauen sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, zeigt allerdings nach wie vor ein geschlechterspezifisches Muster (Grafik):
Während in einigen der Bau- und Metallberufe weniger als 5 Prozent der Beschäftigten Frauen sind, beträgt ihr Anteil in bestimmten Berufen des Erziehungs- und Gesundheitswesens mehr als 80 Prozent.
Rollenmuster auch bei Wahl des Studienganges
Neben der Berufswahl der Auszubildenden ist dafür auch die Wahl des Studiengangs angehender Akademiker verantwortlich. Zwar entscheiden sich Frauen mittlerweile häufiger für eine akademische Laufbahn. Im aktuellen Wintersemester 2023/24 sind rund 1,46 Millionen Frauen an deutschen Hochschulen eingeschrieben, 15 Jahre zuvor waren es erst gut 968.000 Studentinnen. Damit ist das Geschlechterverhältnis im Studium mittlerweile leicht in Richtung der Frauen gekippt: Ihr Anteil im laufenden Semester liegt bei 50,9 Prozent – im Wintersemester 2008/2009 waren es noch 47,8 Prozent.
Dennoch sind technische und naturwissenschaftliche Fächer oft noch Männerdomäne. Im Wintersemester 2022/2023 studierten zum Beispiel 76.000 Männer und nur 11.000 Frauen Maschinenbau/-wesen, in Wirtschaftsinformatik waren 52.000 Männer und 14.000 Frauen eingeschrieben. Andersherum waren Frauen beispielsweise im Studiengang Erziehungswissenschaften mit 47.500 weiblichen und 13.000 männlichen Studierenden stärker vertreten, ebenso wie im Fach Soziale Arbeit, das zu diesem Zeitpunkt rund 65.000 Frauen und 19.000 Männer studierten.
Geschlechterklischees stärker aufbrechen
An der unterschiedlichen Studien- beziehungsweise Berufswahl der Geschlechter ist grundsätzlich nichts auszusetzen, wenn die Wahl den jeweiligen Vorlieben entspricht. Dennoch gibt es gute Gründe dafür, junge Menschen zu ermutigen, die traditionellen Pfade zu verlassen und sich von stereotypen Vorstellungen zu lösen. Schließlich ist der Fachkräftemangel in typischen Männer- und Frauenberufen besonders stark.
Um Geschlechterklischees bei der Berufswahl aufzubrechen, braucht es zum Beispiel in der Berufsorientierung an der Schule eine neutrale Ansprache, die sich nicht auf ein Geschlecht fokussiert. Auch das betriebliche Engagement zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, welches Mütter und Väter gleichermaßen in den Blick nimmt, kann helfen. Und für vermeintlich körperlich anstrengende Berufe sollten Unternehmen und Schulen noch stärker kommunizieren, wie sehr sich einst kräftezehrende Jobs dank des technischen Fortschritts gewandelt haben.
Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de