E-Autos: Mehr und leistungsfähigere Ladepunkte nötig

Globalisierung und Europa

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
30.11.2023
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Der Wechsel der Energieträger im Verkehrssektor kann nur gelingen, wenn genügend Ladepunkte für E-Autos vorhanden sind. Eine EU-Regulierung sieht unter anderem vor, dass in den Mitgliedsstaaten bis 2025 ein Netz von Schnellladepunkten an allen relevanten Autobahnen installiert sein soll.

90 Prozent weniger CO2-Emissionen bis 2050 – diese Reduktion sieht der Green Deal der EU für den Verkehrssektor vor. Das ist nur zu schaffen, wenn Autos, Lkw und andere motorisierte Transportmittel mit grünem Strom angetrieben werden. Wie der Strom künftig in die Fahrzeuge kommt und gespeichert wird, dürfte vom Fahrzeugtyp und dessen Nutzung abhängen: Im Luft- und Schiffsverkehr sind synthetische Kraftstoffe wahrscheinlich, im Schienenverkehr dürfte es weiterhin Oberleitungen für die Energiezufuhr geben. Lkw, die im Fernverkehr fahren, werden voraussichtlich Wasserstoff nutzen, während Pkw und Nahverkehrs-Lkw wohl mit batterieelektrischen Lösungen unterwegs sein werden.

Sicher ist aber eins: Damit Strom die Mineralölprodukte ablösen kann, müssen neue Versorgungsinfrastrukturen aufgebaut werden, denn sonst kann die Dekarbonisierung im Verkehr nicht gelingen. Deshalb hat die EU die Alternative Fuel Infrastructure Regulation verabschiedet. Deren zentrale Vorgaben:

  1. Bis 2025 sollen entlang der wichtigsten Autobahnen im Abstand von 60 Kilometern Schnellladepunkte mit 150 Kilowatt zur Verfügung stehen, alle 150 Kilometer soll es eine Wasserstofftankstelle geben.
  2. Für jedes im jeweiligen Land zugelassene E-Auto soll eine Gesamtleistung von mindestens 1,3 Kilowatt an öffentlich zugänglichen Ladestationen bereitgestellt werden, für jeden Plug-in-Hybrid 0,8 Kilowatt.

So soll sichergestellt werden, dass in der EU im Jahr 2025 eine Million öffentliche Ladepunkte existieren. Für die Jahre 2030 und 2040 werden 3,5 Millionen beziehungsweise 11,4 Millionen Ladepunkte als Zielmarke genannt.

Mit diesen Vorgaben blieb die EU allerdings weit hinter den Forderungen vieler Interessengruppen zurück, die eine Ladeleistung von drei Kilowatt je E-Auto ansteuern wollten. Das liegt unter anderem an den sehr unterschiedlichen Einschätzungen zum künftigen Nutzerverhalten:

Heutige Besitzer von Elektroautos wickeln über 80 Prozent aller Ladevorgänge am eigenen Stellplatz oder am Arbeitsplatz ab, benötigen also nur selten öffentliche Ladepunkte.

Soll das Elektroauto aber der Standard auf der Straße werden, kann diese Quote nicht aufrechterhalten werden, da die neu dazukommenden Nutzer oft nicht die entsprechenden Voraussetzungen am Wohnort haben.

Ladeleistung ist wichtiger Faktor

Bei der Nutzung von Ladepunkten im öffentlichen Raum gewinnt zudem die vorhandene Ladeleistung an Bedeutung. Je größer diese ist, desto schneller kann ein Fahrzeug aufgeladen werden – vorausgesetzt, die Batterie kann die Leistung aufnehmen. Dies spielt in der heimischen Garage eine untergeordnete Rolle, an der Autobahn dagegen eine große. Die Ladeleistung ist deshalb entscheidend, wenn man die Güte des Ladenetzes eines Landes beurteilen will. Ein Beispiel (Grafik):

Die Niederlande haben fast 24 Prozent aller öffentlichen Ladepunkte in der EU und damit das mit Abstand dichteste Netz. Doch mehr als 90 Prozent der niederländischen Ladepunkte entfallen auf Wechselstrom mit maximal 22 Kilowatt Ladeleistung.

Dort bräuchte ein durchschnittliches Elektroauto etwa anderthalb Stunden, um vollgeladen zu sein, bei größeren Batterien entsprechend länger.

Nur etwa 1,7 Prozent der niederländischen Ladepunkte erreichen dagegen über 150 Kilowatt Ladeleistung. Deutschland hat nach den Niederlanden mit 20,4 Prozent die EU-weit zweitmeisten Ladepunkte. Und fast 12 Prozent der deutschen Ladepunkte haben eine Mindestleistung von 150 Kilowatt – also deutlich mehr als in den Niederlanden.

Bislang sind die Ladenetze innerhalb der Mitgliedsstaaten ohnehin sehr ungleich ausgebaut. Mehr als 62 Prozent aller Ladepunkte der EU entfallen auf gerade einmal drei Länder – die Niederlande, Deutschland und Frankreich. Die elf osteuropäischen Mitgliedsstaaten kommen zusammen nur auf 4 Prozent aller EU-Ladepunkte.

Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de