Schweiz: Wirtschaftlich eng mit der EU verbunden

Globalisierung und Europa

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
26.10.2020
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Die Eidgenossen haben es per Volksentscheid abgelehnt, die Personenfreizügigkeit mit den Ländern der Europäischen Union aufzukündigen. Damit hat die Vernunft gesiegt, schließlich profitiert die Schweiz stark von den engen wirtschaftlichen Verbindungen zur EU.

61,7 Prozent – mit dieser deutlichen Mehrheit haben die Schweizer Bürgerinnen und Bürger am 27. September gegen das Ansinnen der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) votiert, den Zuzug von EU-Ausländern zu begrenzen. Damit haben die Wähler auch den „Schwexit“ verhindert. Denn hätte die Initiative der SVP eine Mehrheit gefunden und wären Verhandlungen mit der EU über eine Alternative zur Personenfreizügigkeit gescheitert, hätte dies auch das Aus für eine Reihe weiterer bilateraler Abkommen bedeutet. Dann hätte zum Beispiel der freie Land- und Luftverkehr mit der EU ebenso auf dem Spiel gestanden wie die gegenseitige Anerkennung von Produktzulassungen.

Mit der Ablehnung der SVP-Initiative haben die Eidgenossen viel Schaden von ihrem Land abgewendet. Denn die Schweiz unterhält enge wirtschaftliche Beziehungen zur EU:

  • Außenhandel. Die Geschäfte zwischen der Schweiz und ihren Kunden und Lieferanten in der EU florieren (Grafik):

Im Jahr 2019 gingen rund 50 Prozent aller Schweizer Exporte in die EU – damals noch einschließlich des Vereinigten Königreichs. Bei den Importen betrug der EU-Anteil sogar fast 60 Prozent.

Wichtigster EU-Handelspartner war im vergangenen Jahr Deutschland, an das die Schweiz Waren im Wert von knapp 48 Milliarden Schweizer Franken lieferte (1 Franken entspricht derzeit etwa 0,93 Euro). Damit nahmen deutsche Kunden fast ein Drittel aller schweizerischen Exporte in die EU ab. Auf der Importseite war der deutsche Anteil sogar noch etwas höher.

Zu den Gütern, die zwischen der Schweiz und ihren EU-Partnern am meisten gehandelt werden, gehören pharmazeutische Erzeugnisse, Metalle und Metallerzeugnisse sowie Maschinen – und zwar in beiden Richtungen. Zusätzlich ist die EU für die Schweiz ein wichtiger Lieferant von Kraftfahrzeugen und Fahrzeugteilen; zu den weiteren Exportschlagern der Schweiz gehören vor allem chemische Erzeugnisse.

Zwar hat die Schweiz den Handel mit der EU zuletzt mit einem Defizit abgeschlossen, das allerdings laut Schweizer Statistik kleiner ausfällt als nach der Lesart von Eurostat.

  • Direktinvestitionen. Eng verbunden sind die Schweiz und die EU-Länder auch durch grenzüberschreitende Investitionen von Unternehmen, die sich an Firmen am jeweils anderen Standort beteiligen oder dort neue Produktionsstätten errichten. So haben sich die schweizerischen Direktinvestitionen in der EU von 2009 bis 2018 mehr als verdoppelt – von 384 auf 810 Milliarden Schweizer Franken. Umgekehrt ist auch die EU in der Eidgenossenschaft stark vertreten:

Unternehmen in der EU hielten 2018 in der Schweiz Investitionsbestände von knapp 440 Milliarden Schweizer Franken – damit war rund ein Drittel aller Direktinvestitionen in der Schweiz der EU zuzuordnen.

Der weitaus größte Teil der Direktinvestitionen in der Schweiz entfällt auf den Dienstleistungssektor, allen voran Finanz- und Holdinggesellschaften.

  • Arbeitsmarkt. Die SVP hatte den von ihr initiierten Volksentscheid mit der angeblichen Massenzuwanderung aus der EU begründet, die der Schweiz schade. Tatsächlich leben in der Schweiz immer mehr Menschen mit einer EU-Staatsangehörigkeit (Grafik):

Im Jahr 2019 hatten von den 8,6 Millionen Einwohnern der Schweiz gut 1,4 Millionen einen EU-Pass – knapp 300.000 mehr als im Jahr 2010.

Allerdings sind per saldo im Schnitt der Jahre 2017 bis 2019 weniger als 50.000 Menschen in die Schweiz eingewandert – 2008 waren es noch fast 100.000.

Schweiz profitiert von den Verträgen mit der EU

Zudem sind Ausländer für den Schweizer Arbeitsmarkt wichtig – sie stellen rund 32 Prozent aller Erwerbstätigen. Etwa drei Viertel davon entfallen auf in der Schweiz niedergelassene Ausländer und solche, die sich seit mehr als zwölf Monaten dort aufhalten. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge hat die gestiegene Beschäftigung von Ausländern in den grenznahen Regionen der Schweiz auch das dortige Lohnniveau für Einheimische gesteigert. Insgesamt hat die Nettozuwanderung außerdem zu keinen signifikanten Verdrängungseffekten auf dem Arbeitsmarkt geführt.

Darüber hinaus zeigen Studien, dass die Personenfreizügigkeit und andere durch bilaterale Verträge mit der EU garantierten wirtschaftlichen Freiheiten der Schweiz erheblichen Wohlstand sichern. Würden die entsprechenden Abkommen gekündigt, fiele nach Berechnungen des Basler Wirtschaftsinstituts BAK das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz im Jahr 2040 um 6,5 Prozent niedriger aus, als wenn es bei der aktuellen Vertragslage bliebe.

Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de