Regionalentwicklung: Mit der Energiewende punkten
Staat und Wirtschaftspolitik
Sekundarstufe I + II
Der Landkreis München steht 2024 erneut an der Spitze des Regionalrankings der IW Consult. Doch die Metropolregion im Süden hat insgesamt etwas von ihrer Vormachtstellung eingebüßt, andere Kreise und kreisfreie Städte drängen nach vorn. Darüber hinaus zeigen die Forscher erstmals, welche Chancen die Energiewende für ländliche Regionen bietet.
Auf den ersten Blick bleibt alles beim Alten. Der Landkreis München belegt wie im vorherigen Regionalranking der IW Consult auch 2024 den ersten Platz im Niveauranking unter allen 400 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland. Doch die jahrelange Dominanz des Großraums München schwächt sich ab. Während in der Erhebung von 2022 neben der bayerischen Landeshauptstadt noch sechs Landkreise aus dem Münchener Umland unter den 20 erfolgreichsten Regionen landeten, sind es dieses Mal mit Starnberg (Platz fünf) und Miesbach (Platz 14) nur noch zwei.
Weiter festigen konnte seine starke Position der Wirtschaftsraum Frankfurt, der neben der Stadt am Main mit dem Main-Taunus-Kreis und dem Hochtaunuskreis in den Top Ten vertreten ist.
Zu den Überraschungskandidaten im Ranking zählt die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt (Grafik):
Mainz erklimmt im Niveauranking den zweiten Platz.
Hier macht sich der „BioNTech-Effekt“ bemerkbar. Das Unternehmen mit Sitz in Mainz wurde durch seinen Coronaimpfstoff gleichermaßen bekannt wie erfolgreich. Dadurch führt die Stadt am Rhein auch erneut das Dynamikranking an, welches die Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit abbildet. Die Aufgabe für Mainz besteht nun darin, die Jahrhundertchance BioNTech zu nutzen und den Standort strategisch gut aufzustellen. Dabei helfen die hohen Gewerbesteuereinnahmen. Im Jahr 2022 stiegen sie um mehr als 360 Prozent, 2023 gingen sie allerdings schon wieder merklich zurück.
Ganz andere Sorgen haben die Städte am anderen Ende des Rankings. Zwei Regionen fallen hier negativ auf:
Fünf kreisfreie Städte aus dem Ruhrgebiet sowie vier aus Norddeutschland zählen zu den schlechtesten im Niveauranking. Dazu gesellt sich das rheinland-pfälzische Worms.
Damit hat sich die Situation im Norden und im Westen im Vergleich zur vorangegangenen Analyse von 2022 nicht verbessert.
Energiewende im Blickpunkt
Neben den klassischen Indikatoren für das Ranking haben sich die Forscher dieses Mal zusätzlich mit dem Thema Energiewende beschäftigt. Der ländliche Raum zeigt hierbei seine Stärken:
Gut 77 Prozent der deutschen Wind- und Solarleistung sind auf dem Land installiert.
Die erzeugungsstärksten Regionen für Windkraft liegen im Norden – acht der zehn Landkreise mit den höchsten Leistungen pro Fläche sind in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zu finden (Grafik). Solarenergie ist vor allem im Süden stark vertreten – acht der ersten zehn Plätze belegen Landkreise aus dem Freistaat Bayern.
Ländliche Regionen weisen viele Vorteile für die Energiewende auf: So sind – auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben – Regionen mit ausgedehnten Freiflächen für den Bau von Windparks oder größeren Photovoltaikanlagen deutlich besser geeignet als urbane Zentren. Für große Firmen macht das die künftige Ansiedlung in ländlichen Regionen möglicherweise attraktiver.
Die für den Umbau der Energiesysteme nötigen Fachkräfte sind zum Teil schon vor Ort zu finden:
Etwa 3,5 Millionen Beschäftigte in ländlichen Regionen arbeiten derzeit in für die Energiewende relevanten Berufen.
Knapp zwei Drittel von ihnen haben eine Berufsausbildung absolviert. Relevante Berufstätige mit akademischem Abschluss sind dagegen häufiger in der Stadt zu Hause.
In manchen ländlichen Regionen machen die Beschäftigten in den für die Energiewende erforderlichen 190 Berufen gut 40 Prozent aller Erwerbstätigen aus. Im Hohenlohekreis und im Landkreis Tuttlingen ist es sogar rund die Hälfte.
Der Einfluss des Fachkräftemangels
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es in den Energiewendeberufen einen großen Fachkräftemangel gibt. Dadurch verzögern sich die Planung und der Bau von Anlagen häufig. Hier gilt es zum einen, mehr Berufseinsteiger für die Zukunftsjobs zu begeistern – etwa durch Berufsinformation oder auch Imagekampagnen der Unternehmen selbst; zum anderen spielen digitale Technologien eine große Rolle: Eine Teilautomatisierung von Prozessen für Antrags- und Genehmigungsverfahren wäre sinnvoll. Das gilt auch für den Einsatz von Predictive-Maintenance-Systemen, die durch vorausschauende Wartung die Ausfallzeiten von Anlagen reduzieren können.
Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de