Wird grüner Strom bald knapp?

Staat und Wirtschaftspolitik

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
25.03.2020
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Wind-, Wasser- und Sonnenkraft sowie Biomasse und -gase sind zusammengenommen die wichtigsten Energieträger in Deutschland. Dass sich regenerative Energien so schnell etablieren konnten, liegt auch daran, dass sie massiv gefördert werden. Doch für ältere Anlagen läuft die EEG-Umlage bald aus.

Der Umstieg auf nachhaltige Energien ist zentraler Bestandteil der Energiewende und des Klimaschutzes. In Deutschland konnten sich erneuerbare Energien in den vergangenen 20 Jahren zur Hauptquelle der Stromversorgung entwickeln. Seit 2000 hat sich der Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Stromerzeugung mehr als verfünffacht (Grafik):

Mittlerweile tragen regenerative Ressourcen wie Wind, Sonne und Biogas zu 40 Prozent des Stromverbrauchs bei.

Dass der Ausbau so rasch erfolgte, hat auch mit Geld zu tun: Seit 2000 erhalten Betreiber von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien in Deutschland eine finanzielle Förderung, die im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt ist. Diese garantierte Vergütung gibt es für Strom, der in das öffentliche Netz eingespeist wird – sie läuft allerdings nach 20 Jahren aus. Ab 2021 wird deshalb die EEG-Förderung für die ersten Photovoltaikanlagen, Windräder (siehe Seiten 6–7) und Wasserkraftwerke beendet – und zwar für alle Anlagen, die im Jahr 2000 und früher in Betrieb gegangen sind. Mit jedem weiteren Jahr fallen weitere alte Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien aus der Förderung heraus.

Was sollen die Betreiber dann tun? Lohnt sich ein Weiterbetrieb der Anlagen? Oder ist es ohne EEG-Förderung besser, diese stillzulegen? Diese Fragen dürften sich in erster Linie Betreiber älterer Photovoltaik-, Windkraft- und Biomasseanlagen stellen, denn diese Energieformen sind die Hauptenergieerzeuger unter den Erneuerbaren. Von der demnächst auslaufenden EEG-Förderung ist zunächst insbesondere die Windkraft betroffen (Grafik):

In Deutschland fand der Ausbau der regenerativen Energien zwischen 2000 und 2006 vor allem durch die Errichtung von Windkraftanlagen an Land statt.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass allein zwischen 2021 und 2023 jährlich im Schnitt Windenergieanlagen mit mehr als 3.000 Megawatt aus der Förderung ausscheiden – dies entspricht ungefähr der Leistung von zwei Atomkraftwerken –, aber nur circa 300 Megawatt Strom produzierende Solarenergie- und Biomasseanlagen.

Bis 2030 könnten sogar mehr als 23.000 Megawatt Windkraft aus der Förderung fallen – das wären rund 44 Prozent der gesamten deutschen Windkapazität an Land.

Statt den Betrieb der Anlagen einzustellen, könnten Stromerzeuger ihren Strom allerdings auch direkt vermarkten. Entweder tun sie dies an der Strombörse, wo die Preise schwanken, oder aber sie verkaufen ihren Strom an einen festen Abnehmer. Eine zunehmend verbreitete Form derartiger bilateraler Vereinbarungen sind sogenannte Power Purchase Agreements (PPAs), die meist langfristig feste Abnahmemengen und Preise vorsehen.

Beim Verkauf an der Börse gehen Stromproduzenten das Risiko ein, dass die dort erzielten Preise nicht ausreichen, um einen kostendeckenden Betrieb der Anlagen zu gewährleisten. Windkraftanlagen beispielsweise benötigen in einigen Fällen zwar nur ungefähr 3 Cent pro Kilowattstunde, um Betriebskosten sowie notwendige Investitionen für den Weiterbetrieb zu decken. Allerdings werden in der Regel mindestens 4 Cent je Kilowattstunde benötigt, um die Anlagen rentabel zu betreiben. Seit Anfang März 2019 liegen die durchschnittlichen monatlichen Strombörsenpreise allerdings durchgehend unterhalb von 4 Cent je Kilowattstunde.

Verkauf an der Strombörse lohnt sich derzeit kaum

Da PPAs auch für den Stromabnehmer Vorteile bieten – neben der Festpreisgarantie wäre dies vor allem die Versorgungssicherheit von vertraglich festgelegten Mengen grünen Stroms –, dürften sich diese Abkommen zum zentralen Geschäftsmodell für den Weiterbetrieb von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien nach dem Ende der Förderung entwickeln.

Grundsätzlich kann auch Strom aus Photovoltaik per PPAs direkt an Verbraucher verkauft werden. Doch Photovoltaikanlagen sind oft klein und produzieren folglich auch nur wenig Strom, der primär für den Eigenverbrauch genutzt wird. Nach Ablauf der EEG-Förderung ist eine Netzeinspeisung von überschüssigem Solarstrom nur noch erlaubt, wenn für diesen Strom ein fester Abnehmer existiert. Vor allem Betreiber kleinerer Anlagen dürften sich schwertun, ihren Überschussstrom gezielt zu vermarkten.

Wasserkraft nicht auf Förderung angewiesen

Da Strom aus Biomasse und Biogasen wetterunabhängig produziert wird, kann dieser dazu genutzt werden, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Dabei erhalten die Betreiber der Anlagen für die Bereitstellung von Ausgleichsenergie eine Vergütung von den Übertragungsnetzbetreibern. Zudem kann zur Finanzierung des Ausbaus bestehender Biogasanlagen eine jährliche Flexibilitätsprämie beantragt werden, solange diese Anlagen für den Fall von Lieferengpässen zur Verfügung stehen.

Anders als bei der Windkraft und der Photovoltaik stellt bei der Wasserkraft das Auslaufen der EEG-Förderung keine Gefahr für den Weiterbetrieb der Anlagen dar. Denn mehr als 70 Prozent der Wasserkraftwerke in Deutschland beziehen ohnehin keine Förderung, der Großteil der Anlagen ist außerdem längst abgeschrieben und deshalb nicht auf Förderung angewiesen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de