Der Datenmarkt wächst rasant
Unternehmen und Markt
Sekundarstufe I + II
Ohne sie geht fast nichts mehr: Daten werden erzeugt, gesammelt, gespeichert, interpretiert und verkauft. In der EU ist der Datenmarkt ein wichtiger und wachsender Wirtschaftszweig, der allerdings nur einen Bruchteil des amerikanischen Handelsvolumens erreicht.
Auf Langstreckenflügen ist das Essen an Bord ein nicht ganz unwichtiger Reise- und Wohlfühlfaktor. Die Lufthansa scannt deshalb im Rahmen eines Evaluierungsprojekts die abgeräumten Speisetabletts mithilfe von künstlicher Intelligenz, um herauszufinden, welcher Fluggast sein Menü aufgegessen hat und was liegen geblieben ist. Aufgrund der gesammelten Daten zu den Essensresten könnte dann die Bordverpflegung angepasst werden – für einzelne Flugverbindungen, im Extremfall sogar für jeden einzelnen Fluggast.
Klingt utopisch? Ist es aber nicht: Denn im Ergebnis sind nicht nur die Passagiere zufriedener, weil sie ein passendes kulinarisches Angebot an Bord erhalten, sondern auch die Umwelt profitiert, wenn weniger Lebensmittel weggeschmissen werden.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie sich mithilfe von Daten Prozesse und Dienstleistungen fortlaufend optimieren lassen. Die Flut der Daten nimmt dabei von Jahr zu Jahr zu. So wurden im Jahr 2018 weltweit Daten in einem Umfang von 33 Zettabyte generiert – ein Zettabyte entspricht einer Trillion Gigabyte. Im Jahr 2025 dürfte das Datenvolumen bereits mehr als fünfmal so groß sein.
Die gesamte wirtschaftliche Aktivität unter Verwendung von Daten nennt man Datenökonomie – und auch die wächst, wie die Datenmenge, kontinuierlich:
Allein in den damals 28 EU-Staaten erreichte die Datenökonomie 2019 einen Wert von 400 Milliarden Euro, fast 8 Prozent mehr als 2018.
Der reine Datenmarkt, also der Wert der verkauften Daten, belief sich 2019 in den 28 EU-Ländern auf 75,3 Milliarden Euro. Knapp die Hälfte davon wird in nur zwei Ländern generiert (Grafik):
Das größte Handelsvolumen mit Daten innerhalb der EU hatte 2019 mit rund 17 Milliarden Euro das Vereinigte Königreich, gefolgt von Deutschland mit gut 16 Milliarden Euro.
Großbritannien hat in puncto Datenmarkt einen entscheidenden Vorteil gegenüber Deutschland und den meisten anderen EU-Ländern: Dort wird Englisch gesprochen, die Amtssprache der Datenspezialisten. Gleiches gilt für Irland, das mit einem Volumen von knapp 1,4 Milliarden Euro zuletzt immerhin auf Platz zwölf der EU-Datenhändler kam.
Im Vergleich zu den USA nimmt sich der europäische Datenmarkt allerdings recht bescheiden aus: Mit einem Volumen von umgerechnet fast 185 Milliarden Euro ist der in den Vereinigten Staaten gehandelte Datenwert fast zweieinhalb mal so groß wie der der gesamten EU.
In der EU soll einen Binnenmarkt für Daten entstehen
In den USA können Firmen auf Daten aus verschiedenen Quellen zurückgreifen und verwerten, auch aus Europa. In der EU dagegen ist für Daten oftmals an der Landesgrenze Schluss. Ändern soll dies die von Deutschland initiierte Cloud-Initiative Gaia-X, die eine souveräne und verlässliche Dateninfrastruktur für Europa schaffen soll. Auch der Digital Single Market sowie die in Arbeit befindliche Europäische Datenstrategie wollen einen Binnenmarkt für Daten schaffen und einen freien Datenverkehr für Unternehmen, Forscher und Bürger innerhalb der EU und über verschiedene Sektoren hinweg ermöglichen.
Es mangelt an Datenspezialisten
Doch auch mit einer perfekten Infrastruktur müssen die europäischen Unternehmen, die im Datenmarkt tätig sind, eine weitere Hürde meistern: die passenden Mitarbeiter zu finden. Im Jahr 2019 waren 7,6 Millionen Datenspezialisten in der EU beschäftigt, rund 5,5 Prozent mehr als 2018. Mit fast 1,6 Millionen Beschäftigten im Jahr 2019 war das Vereinigte Königreich EU-weit der größte Arbeitgeber für Datenspezialisten (Grafik).
Doch längst nicht alle Datenunternehmen konnten ihren Personalbedarf decken:
Im Jahr 2019 waren EU-weit knapp 460.000 Stellen für Datenspezialisten nicht besetzt.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Fachkräftelücke für diese Berufsgruppe im Jahr 2020 auf fast 500.000 steigen wird. Selbst wenn man den Bedarf des Vereinigten Königreichs abzieht, das seit Anfang 2020 kein EU-Mitglied mehr ist, dürften am Ende dieses Jahres in den übrigen 27 Mitgliedsstaaten mehr als 340.000 Stellen für Datenspezialisten unbesetzt bleiben. Bis 2025 könnte sich diese Lücke – je nach Szenario – auf 480.000 bis 1,1 Millionen fehlende Fachkräfte vergrößern.
Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de