Influencer: Ein wachsender Werbemarkt
Unternehmen und Markt
Sekundarstufe I + II
Menschen, die mit Posts auf Social-Media-Kanälen ihren Lebensunterhalt verdienen, werden oft belächelt. Doch mittlerweile sind sie als Werbeträger aus der Marketingstrategie vieler Firmen weltweit nicht mehr wegzudenken. Auch in Deutschland entdecken Unternehmen das Potenzial der Influencer nach und nach für sich.
Spätestens nachdem Cristiano Ronaldo auf einer Pressekonferenz der Europameisterschaft 2021 durch das Beiseitestellen zweier Cola-Flaschen den Aktienkurs des weltbekannten Unternehmens einbrechen ließ, ist klar, wie stark bekannte Persönlichkeiten den Ruf und dadurch die wirtschaftliche Situation einzelner Unternehmen beeinflussen können – im positiven wie im negativen Sinne.
Was im Falle von Coca-Cola für dessen Marktwert weniger erfreulich verlaufen ist, kann allerdings genauso gut in die andere Richtung wirken: Man stelle sich vor, welches Kursfeuerwerk es für die Cola-Aktie womöglich gegeben hätte, hätte Ronaldo auf besagter Pressekonferenz das Kaltgetränk genüsslich getrunken oder es aktiv beworben, statt es wegzustellen. Der banale Grund: Menschen, die den Fußballprofi oder andere Influencer bewundern, lassen sich von deren Handlungen, Werten und Einstellungen beeinflussen. Bei einer Reichweite von 382 Millionen Followern auf Instagram sind das im Falle Ronaldos potenziell ziemlich viele.
Genau diese Reichweite machen sich Unternehmen weltweit zunutze, um den Bekanntheitsgrad ihrer Produkte zu steigern. Anders als herkömmliche Werbung wirken Empfehlungen von Influencern auf deren Follower wie ein freundschaftlicher Rat. Für die Unternehmen hinter dem Werbedeal heißt das: Kundenvertrauen vorprogrammiert. Den werbenden Influencern bringen die gesponsorten Posts indes gutes Geld ein. Und die stetig steigenden Ausgaben für Influencer-Kampagnen legen den Schluss nahe, dass sich die moderne Marketingstrategie auch für die Firmen rentiert (Grafik):
Im Jahr 2021 gaben Unternehmen laut Influencer Marketing Hub weltweit mit fast 14 Milliarden Dollar mehr als doppelt so viel für Influencer-Marketing aus wie noch zwei Jahre zuvor.
Bundesbürger (noch) wenig von Influencer-Werbung beeinflusst
Wie effektiv das Influencer-Marketing letzten Endes aber wirklich ist – wie viele Käufe am Jahresende also tatsächlich auf Influencer-Werbung zurückgehen –, ist schwer zu ermitteln. Allerdings zeigen Befragungen von Konsumenten, dass sich Menschen, wenn es darum geht, sich für oder gegen ein Produkt zu entscheiden, durchaus von ihren liebsten Content-Produzenten beeinflussen lassen. Dabei tun sich allerdings große Länderunterschiede auf. So lässt sich laut Statista Global Consumer Survey die brasilianische Bevölkerung bei ihrer Kaufentscheidung am häufigsten von prominenten Influencern beeinflussen:
Rund 43 Prozent der befragten Brasilianer geben an, Produkte allein deshalb gekauft zu haben, weil sie von Influencern beworben wurden.
Dahinter folgen China und Indien mit 34 und 33 Prozent. Die deutschen Bundesbürger reagieren hingegen weniger stark auf Empfehlungen von Influencern. Nur etwa jeder Sechste wurde schon einmal aufgrund werbender Social-Media-Stars zu einem Kauf verleitet.
Trotz des noch vergleichsweise geringen Einflusses von Influencern auf deutsche Konsumenten verlieren auch hiesige Unternehmen ihre Vorbehalte gegen entsprechende Werbung (Grafik):
Während 2018 nur 12 Prozent der deutschen Unternehmen bereit waren, mehr als 100.000 Euro für Influencer-Marketing auszugeben, waren es 2020 bereits 25 Prozent.
Laut einer Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft planten für das Jahr 2021 rund 45 Prozent der befragten Unternehmen, ihr Budget für Influencer-Marketing weiter zu erhöhen. Lediglich 4 Prozent wollten weniger Geld als 2020 investieren.
Generell maßen mehr als 70 Prozent der befragten Unternehmen dieser Art des digitalen Marketings in der Corona-Pandemie eine höhere Bedeutung bei als davor.
Berufswunsch Influencer
Doch nicht nur die Nachfrage der Unternehmen nach werbenden Influencern wächst. Auch viele junge Menschen können sich mittlerweile vorstellen, ihr Geld über die sozialen Medien zu verdienen. Eine Umfrage von YouGov Deutschland unter den von 1997 bis 2010 Geborenen – auch bekannt als Generation Z – zeigt:
Fast ein Drittel der Generation Z ist nach eigenen Angaben schon Vollzeit-Influencer oder möchte es werden, 6 Prozent der Befragten verdienten 2021 so bereits ihren Lebensunterhalt.
Tatsächlich gibt es inzwischen Unternehmen, deren komplette Marketingstrategie auf Influencer-Marketing beruht – die Sportbekleidungsmarke Oceans Apart beispielsweise. Werbung im Fernsehen oder an Litfaßsäulen? Fehlanzeige. Seit der Gründung des Labels 2018 setzt das Berliner Unternehmen gezielt auf die Zusammenarbeit mit Influencern und konnte seinen Umsatz im Jahr 2020 gegenüber 2018 bereits vervierfachen.
Dieser Text erschien zuerst auf iwd.de.