Wie geht es mit der Reisebranche weiter?
Unternehmen und Markt
Sekundarstufe I + II
Millionen Menschen wollen nach zwei Jahren Pandemie ihren ausgefallenen oder verschobenen Urlaub nachholen – die Reiselust ist demzufolge groß. Das freut sowohl Airlines als auch Hotelbesitzer. Die Aussichten für 2022 sind zwar gut, doch steigende Energiepreise und Personalengpässe treiben vor allem der Flugbranche Sorgenfalten auf die Stirn.
Ob Norwegen, Neapel oder Nordseeküste, die Deutschen möchten 2022 endlich wieder ihre Koffer packen und auf Reisen gehen. Unsicherheit und Einschränkungen durch Corona lassen nach, Reiselust und Fernweh nehmen zu. Eine Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen zeigt:
Rund 60 Prozent der befragten Bundesbürger haben vor, im Jahr 2022 zu verreisen – ein Großteil davon innerhalb Europas.
Etwa 14 Prozent planen eine Fernreise, 16 Prozent sind noch unentschlossen.
An den deutschen Flughäfen wird es diesen Sommer demnach vermutlich wieder voller. Der Sommerflugplan, der die Zusammenstellung aller planmäßigen Flüge von, in und nach Deutschland von Ende März bis Ende Oktober beinhaltet, ist nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) im Vergleich zu vergangenem Jahr gut gefüllt (Grafik):
Im Sommer 2021 wurden nicht einmal halb so viele Sitzplätze angeboten wie im Sommer 2019. Inzwischen hingegen erreicht das Sitzplatzangebot wieder 85 Prozent des Vorkrisenniveaus.
Vor allem das Flugangebot nach und von Europa wurde ausgeweitet, die Zahl der verfügbaren Sitzplätze liegt mit knapp 90 Prozent wieder fast auf dem Level von 2019. Bei den Interkontinentalflügen beträgt das Sitzplatzangebot in diesem Sommer immerhin 80 Prozent des Niveaus vom Vor-Corona-Jahr.
Fehlende Mitarbeiter in der Flugbranche
Angebot und Nachfrage sind also da. Doch was ist mit dem Personal an den Flughäfen und in den Flugzeugen? In der Pandemie mussten viele Branchen Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder sogar ganz entlassen – so auch die Luftfahrt. Der Geschäftsbericht des Airline-Verbunds TUI aus dem Jahr 2021 zeigt:
Von September 2019 bis September 2021 sank die Beschäftigtenzahl der TUI-Airlines in Deutschland um rund 34 Prozent.
Etwa 4.000 TUI-Mitarbeiter verloren oder wechselten in diesem Zeitraum ihren Job – nicht ohne Konsequenzen für den Konzern, der nun vor der Herausforderung steht, Personalengpässe in der Hochsaison zu vermeiden.
Laut BDL sind die gestiegenen Treibstoffkosten eine weitere Herausforderung für die Branche:
Von März 2021 bis März 2022 stieg der Kerosinpreis von 80 auf 140 Dollar pro Barrel.
Ob Personalknappheit und steigende Treibstoffkosten letztendlich zu Flugausfällen, langen Wartezeiten und erhöhten Ticketpreisen führen, ist noch unklar.
Übernachtungszahlen erholen sich
Abgesehen von den Fluglinien geht es für die deutsche Reisebranche – vor allem im Beherbergungssektor – wieder steil bergauf. Die Übernachtungszahlen in Hotels oder Ferienwohnungen kratzen am Vorkrisenniveau (Grafik):
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts verbuchten deutsche Beherbergungsbetriebe im März 25,1 Millionen Übernachtungen. Das waren fast dreimal so viele wie im März 2021 und nur knapp ein Viertel weniger als im März 2019.
Die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus dem Inland stieg im Vergleich zu März 2021 um 167 Prozent auf 21,8 Millionen, blieb aber noch immer um 19 Prozent unter dem Vorkrisenniveau.
Schaut man sich die verschiedenen Beherbergungsarten genauer an, hat ein vermeintlich kleiner Wert besonders große Bedeutung:
Im März 2022 entfielen knapp 3 Prozent der Übernachtungen auf Campingplätze – im Jahr zuvor waren es nur 0,5 Prozent.
Camping ist zudem der einzige Beherbergungsbereich, der im März 2022 sogar mehr Übernachtungen zählte als im März 2019. Auch die Verkaufszahlen und Umsätze der Branche spiegeln den Trend zum Campingurlaub deutlich wider.
Hotels und Ferienwohnungen hingegen klettern etwas langsamer an das Vorkrisenniveau heran. Während Hotels im März 2022 rund 29 Prozent weniger Übernachtungen als im März 2019 verbuchten, war die Zahl bei Ferienwohnungen im März 2022 etwa 12 Prozent niedriger als im März des Vorkrisenjahres.
9-Euro-Ticket lässt hoffen
Die deutschen Beherbergungsbetriebe blicken trotzdem optimistisch auf das Jahr 2022, vor allem auf den Sommer. Und das nicht nur wegen steigender Temperaturen und Sommerferien, sondern auch wegen des 9-Euro-Tickets, das jedem Bundesbürger erlaubt, von Juni bis August für 9 Euro im Monat mit dem Nahverkehr durch Deutschland zu reisen. Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze hoffen auf viele Gäste und darauf, dass der Trend zum Urlaub innerhalb der Landesgrenzen weiter anhält. Allein im Hamburger Verkehrsverbund wurden innerhalb des zwölftägigen Vorverkaufs bereits mehr als eine Million 9-Euro-Tickets verkauft.
Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de.