Rationalisierung

Dem Begriff Rationalisierung liegt zunächst ein an Zielen orientiertes, durch Vernunft (ratio) geleitetes methodisches Handeln des Menschen zugrunde. Entstehung und Entwicklung des Kapitalismus sind eng mit einer allgemeinen Rationalisierung der menschlichen Lebensführung verbunden, die Max Weber als die "Entzauberung der Welt" (technischer Fortschritt, Bürokratie) bezeichnete.

Die Rationalisierung beinhaltet eine sozio-kulturelle, technische und wirtschaftliche Dimension. Entsprechend sind verschiedene Wissenschaftszweige an der Erklärung und Analyse von Rationalisierungsvorgängen beteiligt:

  • die Wirtschaftwissenschaften,
  • die Soziologie mit ihren speziellen Fachrichtungen und
  • die technischen Wissenschaften.

Arbeitstechnisch bedeutet Rationalisierung die Zusammenfassung solcher Maßnahmen, die bei gleichbleibender Erzeugnisqualität zu einer Arbeitserleichterung und einer Kostensenkung führen. Solche Überlegungen werden besonders bei relativen Verteuerungen des Produktionsfaktors Arbeit angestellt. Ziel ist also das Bestreben, die Wirtschaftlichkeit bzw. die Produktivität von Produktionsabläufen, ihre Ergiebigkeit, zu erhöhen.

Dies geschah in den 20er und 30er Jahren nicht alleine durch die Mechanisierung der Arbeit, sondern damit verbunden auch durch die Arbeitsteilung (Vereinfachung der Arbeitsschritte) und die Eliminierung unproduktiver Arbeitsvorgänge (Taylorismus, Fordismus), in den 50er und 60er Jahren durch die Ausschaltung menschlicher Arbeit an sich (Automatisierungsphase) und seit Ende der 70er Jahre durch die Informatisierung der Arbeit und der Unternehmen. Die verschiedenen Phasen überlappen sich und treten auch heute noch teilweise nebeneinander auf.

Der moderne Typus der Rationalisierung betont das Potenzial der Technik ebenso wie die Individualisierung der Arbeit bei zunehmender zeitlicher und örtlicher Entkopplung des Mensch-Maschine-Systems. Von der Phase der Informatisierung sind nicht mehr vorrangig Produktionsbetriebe, sondern gerade auch die Dienstleistungen betroffen.

Die Auswirkungen der technischen Rationalisierung auf die menschliche Arbeit wurden und werden je nach zeitgeschichtlicher Situation, Interessenlage und Wegen der Rationalisierung ambivalent beurteilt, häufig schwankend zwischen "Fluch" und "Segen" sowie zwischen "Job-Knüller" und "Job-Killer". Im Hinblick auf die Auswirkungen auf Qualifikationen spricht man zuweilen von Höherqualifikation, Dequalifikation und/oder Andersqualifikation. Ganz allgemein zeigt sich ein Trend von der physischen hin zur geistig-mentalen Beanspruchung des Menschen.

Über einen längeren Zeithorizont betrachtet überwiegen die arbeitsplatzschaffenden und qualifikationsstützenden Wirkungen der Rationalisierung durch den technischen Fortschritt. Diese Wirkungen treten aber meist nicht zeit- und ortsgleich auf. Stets ist Rationalisierung deshalb auch mit einer "schöpferischen Zerstörung" verbunden. So ist auch der Strukturwandel zur Dienstleistungs- bzw. Informationsgesellschaft teilweise eine Folge fortschreitender Rationalisierung. Sicher ist, dass durch die (technische) Rationalisierung menschliche Kräfte für andere Aufgaben frei werden.

Rationalisierung und Humanisierung gelten nicht als grundsätzliche Widersprüche. Der Mensch ist nicht hilflos der Rationalisierung ausgesetzt, sondern er kann sie nach den wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten gestalten. (Me)