Stabilitäts- und Wachstumspakt
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist ein Regelwerk der Europäischen Union. Er verfolgt das Ziel, eine übermäßige Verschuldung insbesondere der Euro-Staaten zu verhindern. Der Pakt soll helfen, die Stabilität der gemeinsamen Währung zu sichern und eine Angleichung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Euro-Zone zu erreichen.
Die wichtigsten Inhalte
Nach den Vorgaben des Pakts darf die Neuverschuldung eines Landes bei maximal 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, der Schuldenstand bei höchstens 60 Prozent. Zur Überwachung und Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik müssen die Mitgliedsstaaten in so genannten Stabilitätsprogrammen jedes Jahr ihre Reformanstrengungen für tragfähige öffentliche Finanzen darlegen. Ein Frühwarnsystem bei Abweichungen sowie ein abgestufter Sanktionskatalog mit Geldstrafen bei Defizitverstößen soll die Haushaltsdisziplin sicherstellen.
Die neuen Mechanismen ab 2012
Mit der Euro- und Staatsschuldenkrise einigten sich EU-Parlament und der Rat der europäischen Finanzminister im Herbst 2011 auf wesentliche Verfahrensänderungen und ein härteres Vorgehen gegen Haushaltssünder. Die Regeln greifen ab Anfang 2012.
Die wichtigsten Neuerungen:
- Die EU-Kommission darf früher und härter gegen Länder vorgehen, die ihre wirtschaftspolitischen Ziele im Stabilitätsprogramm verletzen. Der Rat der Finanzminister kann Auflagen und Sanktionen im so genannten präventiven Teil des Pakts nur verhindern, wenn er mehrheitlich ein Veto einlegt.
- Auch im korrektiven Teil des Pakts, bei Defizitverstößen also, wird der Abstimmungsmechanismus geändert: Damit Sanktionen unterbleiben, muss eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Rat sie ablehnen (umgekehrte qualifizierte Mehrheitsentscheidung).
- Erstmals wird auch der Schuldenstand (maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung) ein relevantes Kriterium, das ein Defizitverfahren auslösen kann. Die betroffenen Länder müssen ihren Schuldenstand ab 2011 jährlich um ein Zwanzigstel senken – und zwar drei Jahre in Folge. Ansonsten drohen Sanktionen.
- Sobald ein Strafverfahren gegen ein Land eröffnet ist, kann die Kommission eine unverzinsliche Einlage von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verlangen. Bei Missachtung der Auflagen wird die Einlage nicht zurückgezahlt, sondern als Geldstrafe einbehalten.
Die Historie
Seinen Ursprung hat der Pakt im Maastricht-Vertrag von 1992. Damals wurden Auflagen für die Aufnahme von Mitgliedsstaaten in die Euro-Zone festgelegt: die vier Konvergenzkriterien. Die zwei finanzpolitischen Zielmarken zur Neuverschuldung und zum Schuldenstand wurden über den Euro-Eintritt hinaus im Stabilitäts- und Wachstumspakt festgeschrieben, der mit dem EU-Vertrag von Amsterdam 1997 verbindlich wurde.
Als Deutschland 2002 und 2003 das Defizitkriterium von 3 Prozent der Wirtschaftsleistung verletzte, wurde der Pakt auf Betreiben der rot-grünen Bundesregierung von Kanzler Gerhard Schröder durch eine Sperrminorität vorübergehend ausgesetzt. 2005 wurde das Regelwerk auf deutsche Initiative schließlich geändert. Die Bundesregierung sprach von einer „Flexibilisierung“. Die meisten Experten sahen darin eine „Aufweichung“ des Paktes, weil Haushaltdefizite kleiner gerechnet werden konnten und mehr Zeit für die Konsolidierung blieb. In der Folgezeit leitete die EU-Kommission zwar etliche Defizitverfahren gegen Mitgliedsländer ein, allerdings wurden trotz massiver Verstöße bis heute keine Geldstrafen verhängt.
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(Stand: 12. Oktober 2011)