Krisen kosten deutsche Wirtschaft viel Geld

Staat und Wirtschaftspolitik

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
25.03.2024
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Die Coronapandemie und die Folgen des Ukraine-Kriegs haben sich stark auf die deutsche Wirtschaft ausgewirkt. Das IW beziffert die Kosten auf 545 Milliarden Euro von 2020 bis einschließlich 2023. Zudem zeigen sich Parallelen zu früheren Krisenzeiten.

Die großen Krisen der vergangenen Jahre haben der deutschen Wirtschaft zugesetzt. Zunächst führte die Coronapandemie mit den damit verbundenen Kontakt- und Ausgehbeschränkungen zu ökonomischen Einbrüchen sowohl auf der Angebotsseite als auch auf der Nachfrageseite. Dann folgte der Ukraine-Krieg, der nicht nur massives Leid über das angegriffene Land brachte und immer noch bringt, sondern auch geopolitische Verwerfungen nach sich zog. Deutschland wollte keine günstige Energie mehr aus Russland beziehen und musste vor allem seine Versorgung mit Erdgas neu aufstellen. Die Folge war ein Kostenschock für Verbraucher und Großkunden.

Wie stark die Bundesrepublik ökonomisch von den beiden aufeinanderfolgenden Krisen getroffen wurde, hat nun das IW beziffert:

Die reale Bruttowertschöpfung in Deutschland war in den Jahren 2020 bis 2023 rund 545 Milliarden Euro geringer als in einem Szenario ohne Pandemie und Krieg.

Den größten Ausfall gab es im privaten Konsum mit rund 400 Milliarden Euro innerhalb von vier Jahren (Grafik). Dieses Minus spiegelt zunächst den Verlauf der Pandemie wider mit gravierenden Einbrüchen aufgrund der Lockdowns. So lassen sich etwa 250 Milliarden Euro Verlust auf die Coronajahre 2020 und 2021 zurückführen. Gerade als sich der private Konsum erholte, folgte der kriegsbedingte Energiepreisschock.

Doch nicht nur die Verbraucher gaben weniger Geld aus als sonst, auch die Unternehmen hielten sich wegen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs mit Ausgaben zurück: Die Investitionen in Ausrüstungen, Bauten und immaterielle Kapitalgüter – zu Letzteren zählen beispielsweise Ausgaben für Forschung, Software und Daten – lagen von 2020 bis 2023 um etwa 155 Milliarden Euro unter dem Wert des Vergleichsszenarios. Zwar erholten sich die Investitionen insgesamt nach dem anfänglichen Coronaeinbruch bereits zu Jahresbeginn 2021. Danach machten sich allerdings Zulieferprobleme, geopolitische Verunsicherungen und steigende Zinsen zunehmend bemerkbar.

Die Teilbereiche der Anlageinvestitionen entwickelten sich in der Krisenzeit sehr unterschiedlich:

Die Ausrüstungsinvestitionen blieben bis zum Beginn des Ukraine-Kriegs rund 10 Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Danach legten sie wieder zu, auch weil Mittel für militärische Waffensysteme hier verbucht werden.

Die Bauinvestitionen blieben trotz der Coronapandemie zunächst stabil, brachen dann aber aufgrund stark gestiegener Zinsen und hoher Materialpreise ein. Die immateriellen Investitionsgüter liegen dagegen seit Beginn der Krisen durchgängig auf niedrigerem Niveau.

Anders als der private Konsum und die Unternehmensinvestitionen legte der Staatskonsum im Zeitraum von 2020 bis 2023 zu – unterm Strich stieg er innerhalb dieser vier Jahre um gut 10 Milliarden Euro. Dies war beispielsweise auf die Ausgaben für Impfstoffe und die Coronahilfen ab dem zweiten Quartal 2020 zurückzuführen.

Um das Ausmaß der Verluste durch Coronapandemie und Ukraine-Krieg besser einordnen zu können, hat das IW die Daten mit denen früherer Krisen verglichen (Grafik):

Der Verlust durch die Strukturkrise und die anschließende lange Stagnationsphase Anfang des Jahrtausends in Deutschland belief sich auf etwa 255 Milliarden Euro. Die Finanzkrise 2008/2009 führte zu Einbußen von 445 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft.

Absolut gesehen ist die aktuelle Krise folglich die schwerste. Relativ betrachtet – die Bruttowertschöpfung ist im Lauf der Zeit gestiegen – war die Finanzkrise der größte Einschnitt. Die Bruttowertschöpfung lag in vier Jahren gesamtwirtschaftlich um 4,5 Prozent unter dem Referenzszenario ohne Krise. Coronapandemie und Ukraine-Krieg reduzierten die Wertschöpfung um knapp 4 Prozent, nach der Strukturkrise lag sie um fast 3 Prozent unter dem Vergleichswert ohne Krise.

Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de